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Der Spitalverband Limmattal ist ein Zweckverband im Sinne des Gemeindegesetzes getragen von 11 politischen Gemeinden. Der Zweck besteht im Betrieb eines Akutspitals. Dabei müssen regionale und überregionale gesundheitspolitische Entwicklungen berücksichtigt und ein Bildungsauftrag erfüllt werden. Seit 2012 führt der Verband einen eigenen Finanzhaushalt mit Verwaltungs- und Bestandsrechnung. Als Emittent einer Anleihe erstellt der Spitalverband eine Rechnung nach dem Swiss GAAP FER-Standard.25 Die Jahresrechnung vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage («true and fair view»). Die Bestimmungen der Swiss GAAP FER wurden erstmals für den Jahresabschluss 2014 angewendet.26 Bekanntermaßen stellen Investitionen in der Bilanz lediglich einen Aktivtausch dar. Somit erscheinen diese zunächst nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung. Sie werden sozusagen «auf Halde» geschoben. Sobald eine Sachanlage in Betrieb genommen wird oder im Falle des Spital Limmattal der Neubau 2018 bezogen wird, werden diese Investitionen und die jährlichen Abschreibungen aktiviert und erscheinen somit in der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Aktivierungsgrenze von Sachanlagen im Spital Limmattal wird auf der Basis von VKL Art. 10, Abs. 5 auf TCHF 10 festgelegt und gilt pro einzelnes Objekt. Die nach H+ REKOLE mögliche Aktivierung von Sammelinvestitionen wird bei Bedarf angewandt. Bei Großanlagen erfolgt eine jährliche Werthaltigkeitsprüfung und ggf. Wertberichtigung wenn z.B. eine eindeutige technische Alterung, Nutzungsänderung mit Ertragseinbuße, relevante Marktwertverringerung, Außerbetriebnahme, Abteilungsschließung oder Beschädigung vorliegen.27 Im Spital Limmattal gelten größenabhängige Regelungen bezüglich Entscheidungskompetenzen abhängig vom Investitionsvolumen (siehe Abbildung 3). Ein Chefarzt in gleichzeitiger Funktion eines Departementsleiters muss bei jeder Neuinvestition > TCHF 100 die Zustimmung der Spitalleitung bzw. des Spitaldirektors einholen. Bei einem Investitionsvolumen > CHF 5 Mio. geht dies dann bis zum Plebiszit in den Gemeinden des Zweckverbandes.
Abbildung 3: Finanzkompetenzrahmen für Führungsgremien
Die Medizin ist ein volatiles Business und verlangt nach kontinuierlichen Anpassungen, personell wie auch technisch. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit. Insbesondere hier können unterschiedliche Interessenslagen der betroffen Berufsgruppen einer Expertenorganisation zum Tragen kommen. Konflikte bezüglich der Sinnhaftigkeit einer Investition finden auch innerhalb der medizinischen Departemente statt. Die Departementsleitung als Mitglied der Spitalleitung hat neben der Hauptverantwortung für die eigene Abteilung auch eine finanzielle Mitverantwortung für das Gesamtspital, die sie wahren muss. Der «Wunschzettel» an vermeintlich notwendigen Investitionen und Anschaffungen ist groß, häufig größer als das vorhandene Gesamtbudget. Dieses Interessensgemenge gilt es zu koordinieren und zu moderieren. Hierbei muss die Departementsleitung in einem stetigen Prozess die Leitplanken der Unternehmensstrategie des Spitals erläutern und diejenigen Investitionen vorantreiben, die sich innerhalb der strategischen Leitplanken befinden und dauerhaft finanzierbar sind. Hierbei sind die Folgekosten einer Investition im besonderen Masse zu berücksichtigen. Die Anschaffungskosten alleine sagen nur wenig über das finanzielle Risiko aus, da im Spital insbesondere die Personalkosten z.B. im Rahmen einer Großgeräteanschaffung zu berücksichtigen sind. Erachtet ein leitender Arzt oder Chefarzt eine Investition für medizinisch notwendig, sind die Ziele und die mögliche Finanzierung in einem «Business Case» der Spitalleitung zur Abstimmung vorzulegen oder bei höheren Beträgen an den Verwaltungsrat weiterzuleiten. Die Zusammenhänge in der Finanzierung eines Spitals, die unmittelbare Auswirkungen auf das Investitionsmanagement haben, sind komplex und bedürfen stetiger Erklärung top-down um Verständnis und Einsicht in sowohl positive als auch negative Investitionsentscheide zu gewinnen. Da Personen in den verschiedenen medizinischen Bereichen unterschiedliche Charaktere besitzen und eine unterschiedliche Sozialisation durchlebt haben, umgangssprachlich «anders ticken», ist das Personalverhalten dementsprechend unterschiedlich gelagert. Dies wird evident bei Entscheidungen über eine größere Auslastung vorhandener Infrastruktur versus Anschaffung neuer Geräte. Dies erfordert unter Umständen eine Veränderung des Arbeitseinsatzes, eine Verdichtung der Arbeitsintensität, eine Anpassung der Arbeitszeiten verschiedener Berufsgruppen mit unterschiedlichsten Interessen, die Übernahme fachfremder oder dem Arbeitsplatzprofil originär nicht entsprechender Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung und Auslastungsoptimierung des Betriebs (Übernahme von Reinigungstätigkeiten, Lagerung von Patienten im Operationssaal, Verfügbarkeit am Wochenende usw.) und eine Personalpolitik, die diesen Anforderungen gerecht und entsprechend selektiv werden muss. Häufig wird der Druck auf das Investitionsmanagement jedoch nicht hausintern generiert, sondern entsteht in den Umweltsphären z.B. durch Konkurrenz und politische Rahmenbedingungen, wie es eine der sechs Grundkategorien des neuen St. Galler Management-Modells treffend beschreibt.28 Im unmittelbaren Umfeld und Einzugsgebiet des Spital Limmattal hat das Kantonsspital Baden (KSB) ohne Vorankündigung CHF 5.5 Mio. in eine sog. Walk-in-Praxis (Ärztezentrum Limmatfeld) investiert und tritt somit in direkte Konkurrenz nicht nur zu den dort ansässigen Fach- und Hausärzten sondern auch zum Spital Limmattal.29 Neben Fachärzten aus dem KSB stellt die Praxis eine radiologische sowie operative Infrastruktur zur Verfügung. Hierdurch entsteht zumindest in Teilen ein Verdrängungswettbewerb, dem entsprechend und wohl überlegt begegnet werden muss. Neben einer guten Zusammenarbeit und Netzwerkbildung und somit Bindung der Zuweiser und Hausärzte an das eigene Spital, stellt sich immer auch die Frage, ob durch sinnvolle Investitionen ein Patientenabfluss verhindert werden kann.
Entscheidend ist nun, ob vom Spital ausgehend ein eigenes Ärztezentrum initiiert und der Konkurrenz entgegengestellt werden soll, um den Verdrängungswettbewerb weiter zu verstärken oder ob der Fokus auf dem Kerngeschäft der stationären Behandlung verbleibt, allenfalls die hausinterne und vom Hausärztenetzwerk aufrechterhaltene Praxis ausgebaut wird zur weiteren Sicherung des Patientenzuflusses. Überlegungen im Rahmen größerer Investitionsprojekte, die trotz hoher Investitions- und Betreibungskosten und mittel- bis kurzfristig negativen Deckungsbeiträgen an völlig anderer Stelle einen Nutzen bringen, spielen in der grösser werdenden Konkurrenzsituation insbesondere mit privaten Spitalbetreibern, die über eine deutlich größere finanzielle Potenz verfügen, eine zunehmend wichtige Rolle. Als Beispiel sei hier die aktuelle Mietbeteiligung an einem Operationsroboters (daVinci® SI HD von Intuitive Surgical) und später ggf. Anschaffung eines eigenen Roboters im Spital Limmattal erwähnt. Die Anschaffungskosten sind mit ca. CHF 1,8 Mio. sehr hoch. Dazu kommen hohen Betriebskosten inklusive Servicevertrag und Kosten der Verbrauchsmaterialien pro Fall, welche sich nicht im Entgelt der jeweiligen DRG widerspiegeln. Ohne Angebot der Roboterchirurgie, insbesondere in der Urologie (radikale Prostatektomien), läuft das Spital Gefahr, das gesamte Teilgebiet der Prostataerkrankungen zu verlieren. Zudem setzt sich diese Methode in der westlichen Welt immer mehr als Goldstandard durch und Patienten verlangen nach dieser Operationsmethode. Ergo werden die Hausärzte und Zuweiser ihre Patienten mit sämtlichen Prostataerkrankungen nicht mehr in ein Spital zuweisen, das die vermeintlich «modernste und beste» Therapie nicht anbieten kann. Dies würde das sichere Ende der urologischen Abteilung bedeuten. Somit muss alles daran gesetzt werden, für den Betrieb des Kerngeschäfts essentielle Investitionen und Anschaffungen zu realisieren. Durch Steigerung der Auslastung können und müssen die Kosten pro Fall minimiert werden.30 In vielen Unternehmungen wie auch in Spitälern wurden solche Anschaffungen in der Vergangenheit häufig quer subventioniert, z.B. über das Marketing Budget. Seit Einführung der Swiss GAAP FER ist dies nicht mehr möglich. Abseits der Frage einer soliden Finanzierung muss das Angebot an qualifizierten Mitarbeitern vorhanden sein, um die immer komplexer werdende Technik bedienen zu können. Erfahrenes und geschultes Personal ist noch weniger verfügbar und muss häufig extern eingekauft werden. Dies kann mit hohen Kosten verbunden sein und setzt zudem ein Personalverhalten des bestehenden Teams voraus, sich in erster Linie auf die neuen Herausforderungen einzulassen und gewillt zu sein, Neues zu erlernen. Dies führt anfänglich zu Verlängerungen der Installationszeiten, Wechselzeiten zwischen den Operationen, Operationszeiten bei unterschiedlichen Lernkurven der Operateure und teilweise Verlängerung der Arbeitszeiten mit einem Zuwachs an Überstunden.
Diese Kostenfaktoren, welche nur schwer beziffert und für die Zukunft lediglich grob abgeschätzt werden können, müssen in der Planungsphase einer Investition im Spital unbedingt berücksichtigt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt im Investitionsmanagement ist eine überschaubare Anzahl gleichzeitiger Investitionen.
Eine zentrale Kontrolle und Koordinierung laufender Investitionen ist notwendig.
Somit können bestimmte Anschaffungen, die in verschiedenen Abteilungen ihre Anwendung finden, koordiniert durchgeführt werden. Dies verhindert unkontrollierte Mehrfachbeschaffungen von verschiedenen Anbietern mit unterschiedlichen Preisen und Vertragskonditionen und somit eine bessere Planbarkeit hinsichtlich zukünftiger Investitionen. Es gibt Situationen, in denen vorerst kein Geld mehr für Investitionen zu Verfügung steht. Im Spital Limmattal mit einem Spitalneubau und einem Gesamtinvestitionsvolumen von CHF 270 Mio. fallen ab 2019 nach Bezug der neuen Gebäude neben den weiterhin bestehenden Zinszahlungen auch die schrittweisen Rückzahlungen der Darlehen (Obligationenanleihen) an. Das Geld dafür sowie für weitere Investitionen in medizinische Geräte, Infrastruktur, Mobiliar und IT, muss aus dem operativen Cash Flow, d.h. den selbsterarbeiteten Mitteln generiert werden.
Diese klaren Rahmenbedingungen erfordert ein kluges Abwägen aktueller Investitionsentscheide und Verständnis des Personals, das in medizinischer und betriebswirtschaftlicher Verantwortung steht.
25 Swiss GAAP FER: Fachempfehlung zur Rechnungslegung: Schweizer Standards für die Rechnungslegung in Unternehmen. Mindeststandards kotiert am Nebentableau der Swiss Exchange
26 Geschäftsbericht 2014 Spital Limmattal
27 Siehe hierzu Kapitel «Beurteilung von Investitionsvorhaben», besondere Abschreibungsregelungen
28 Rüegg-Stürm, J. (2003), S.22
29 Rudolf, A. (2015), Limmattaler Zeitung
30 Gabler Wirtschaftslexikon