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Bis in die 1970er Jahre fand Technologietransfer nur über direkte Kontakte zwischen Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern statt. Um die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu steigern und das Potenzial der öffentlichen Forschung für eine kommerzielle Verwertung zu erschließen, wurden dann bis Ende der 1980er Jahre in allen Bundesländern Transferstellen eingerichtet. Seitdem hat die Zahl der Akteure im Technologietransfer stark zugenommen: Mittlerweile beschäftigen sich in Deutschland über 2000 öffentliche und private Einrichtungen schwerpunktmäßig mit dem Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.72
Neben den Transferstellen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen gibt es noch eine Reihe weiterer Transfereinrichtungen. Dazu gehören z. B. die privatrechtlich organisierten Patentverwertungsagenturen, die Innovation Relay Centres der EU, die technologischen Beratungsstellen von Industrie- und Handelskammern, die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen, Transfer-Netzwerke, Gründerzentren oder die über 700 Steinbeis-Zentren an Fachhochschulen.73 Ebenso so vielgestaltig ist die Förderlandschaft auf Bund-, Länder- und EU-Ebene. Die verschiedenen Programme zur Förderung des Technologietransfers ergänzen sich jedoch nicht in ihrer Zielsetzung, sind zum Teil zu bürokratisch und die Ausschreibungsbedingungen schränken die Verwendung der Gelder stark ein.74 Um diese Koordinierungsprobleme zu verbessern, sollen mit der Hightech-Strategie der Bundesregierung wesentliche Aktivitäten in einer übergreifenden Konzeption zusammengefasst werden.75
Transferstellen verstehen sich meist als Generalisten, die ein breites Spektrum wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und juristischer Aufgaben bearbeiten: Sie sollen nicht nur Erfindungen auf ihre kommerzielle Nutzung prüfen, schützen und einer Verwertung zuführen, sondern z. B. auch Informationsdefizite beseitigen und das Leistungsangebot präsentieren, Wissenschaftler und Unternehmen beraten, den Markt und den Stand der Forschung beobachten, anstehende Publikationen auf Verwertungspotenzial prüfen, Wissenschaftler für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft motivieren und qualifizieren, Transaktionskosten reduzieren, transferorientierte Projekte initialisieren sowie eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Wissenschaftlern und Unternehmen gestalten.76
Der Nutzen von Transferstellen und Patentverwertungsagenturen wird sowohl von der Wirtschaft als auch von der Wissenschaft kritisch beurteilt. Viele Transfereinrichtungen sind durch eine unklare Leistungspositionierung, ein breites Leistungsangebot, eine mangelnde Nachfrage-, Wettbewerbs- und Kundenorientierung sowie ein Missverhältnis von Ressourcen und Kompetenzen zu den erwarteten Aufgaben charakterisiert. Oft handelt es sich zudem um kleine Einheiten, die teilweise nur mit einem Mitarbeiter oder unerfahrenem Personal besetzt sind.77
Viele Transferstellen arbeiten nach einem Konzept, das auf Technologien fokussiert ist und sich nicht am Nutzen der Expertise für Innovationsprozesse in Unternehmen orientiert.78 Verstärkt wurde diese Ausrichtung durch eine Innovationspolitik des „technology push“, die die Entwicklung neuer Technologien als Selbstzweck ansah und gleichzeitig wichtige Faktoren wie Marketing und Netzwerkmanagement vernachlässigte – mit der Konsequenz, dass „Deutschland zu den Erfindungsweltmeistern zählt, bei der Kommerzialisierung der Forschungsergebnisse jedoch bestenfalls Mittelmaß darstellt.“79 Nicht bewährt haben sich daher aus diesem Grund große Technologiedatenbanken im Internet. Der Aufwand für Aufbau und Pflege ist sehr hoch und gleichzeitig veraltet das Angebot sehr schnell.80
Der Stifterverband hat verschiedene Erfolgsfaktoren für Transferstellen identifiziert: Sie dürfen nicht dem Erwartungsdruck ausgesetzt werden, durch Lizenzerlöse kostendeckend zu arbeiten. Technologietransfer ist eine Aufgabe, die für die gesamte Volkswirtschaft sinnvoll ist, aber nur selten zur Aufbesserung des Haushaltes führt. Hohe Gewinnerwartungen sind unrealistisch und sogar kontraproduktiv, denn sie führen dazu, dass für die Akteure statt übergeordneter Interessen vor allem das eigene Überleben im Vordergrund steht. Die Mitarbeiter im Technologietransfer müssen über eine ausgeprägte Dienstleistungsmentalität verfügen, deren Erfolgsmaßstäbe Vertrauen und Zufriedenheit ihrer Kunden sind.
Die Transferstelle soll direkt unter der obersten Leitungsebene angesiedelt sein, um das Bewusstsein zu fördern, dass Technologietransfer eine wichtige Aufgabe ist. Das Personal muss zudem dialogfähig bezüglich wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Sachverhalte sein und die eigene Leistungsfähigkeit und Problemlösungskapazitäten realistisch einschätzen können. Kritisch auf die Leistungsfähigkeit wirken sich auch häufige Personalveränderungen aus.81
Weiterhin hat sich die Vorstellung als falsch erwiesen, dass sich die Forschungseinrichtungen durch die Einrichtung externer Stellen aus dem Transfer heraushalten können.82
Vor dem Hintergrund der geschilderten Faktoren müssen sich die Transfereinrichtungen auf strategische Geschäftsfelder und einzelne Leistungsbereiche fokussieren, die mit den vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen tatsächlich realisiert werden können. Gleichzeitig müssen sie trotz des hohen Profilierungsdrucks enger kooperieren. Licht et al. empfehlen eine Fokussierung auf bestimmte Rollen, die vor allem den direkten Transfer unterstützen:83
72 Vgl. Czarnitzki et al. (2001, S. 43).
73 Vgl. Stifterverband (2007, S. 100); Wissenschaftsrat (2007b, S. 52ff.).
74 Vgl. EFI (2010, S. 47ff.); Stifterverband (2007, S. 14f., 69ff.); Wissenschaftsrat (2007b, S. 59-68). Einen aktuellen Überblick gibt die Förderdatenbank ( www.foerderdatenbank.de ).
75 Vgl. EFI (2010, S. 48) und zur Hightech -Strategie BMBF (2006a).
76 Vgl. Czarnitzki et al. (2000, S. 319ff.; 2001, S. 44); Wissenschaftsrat (2007b, S. 79).
77 Vgl. Czarnitzki et al. (2000, S. 353ff.; 2001, S. 45f.); Pleschak (2002, S. 12); Stifterverband (2007, S. 21, 101 ff.); Wissenschaftsrat (2007b, S. 79f.).
78 Vgl. Stifterverband (2007, S. 103).
79 Walter (1998, S. 306).
80 Vgl. Stifterverband (2007, S. 72) und persönliche Erfahrungen.
81 Vgl. Stifterverband (2007, S. 20, 103ff.).
82 Vgl. Czarnitzki et al. (2001, S. 46); Pleschak (2002, S. 10f.); Schmoch (2000d, S. 426).
83 Vgl. Licht et al. (2000, S. 411ff.). Die hier beschriebenen Funktionen können nur erfüllt werden, wenn sie durch entsprechende Rahmenbedingungen und Anreizsysteme auf Seiten der Wissenschaft und Unternehmen gestützt werden.
84 Vgl. auch Wissenschaftsrat (2007b, S. 81ff.).