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Die Innovationsleistung bestimmt den Wohlstand in Deutschland. Daher beweist die Bundesregierung strategische Weitsicht, wenn sie gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten die Mittel für Bildung und Forschung deutlich erhöht. Berechtigterweise sind damit hohe Erwartungen verbunden. Die daraus folgenden Konsequenzen für die Grundlagenforschung wurden im Rahmen dieser Arbeit am Beispiel der Gesundheitsforschung der Helmholtz-Gemeinschaft betrachtet. Zum einen müssen die vielfältigen, zu Beginn dieser Arbeit beschriebenen indirekten, wirtschaftlichen Effekte klarer als bisher kommuniziert werden. Das reicht aber noch nicht aus: Auch die Grundlagenforschung wird zeigen müssen, dass ihre Ergebnisse zu neuen Produkten und Arbeitsplätzen führen.
In dieser Erwartung liegt kein Widerspruch zur Freiheit der Grundlagenforschung. Im Gegenteil: Grundlagenforschung leistet bereits jetzt einen substanziellen Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung, der sich in ganz unterschiedlichen Nutzenkategorien ausdrückt. Es ist daher richtig, dass die Politik nicht der Versuchung erliegt, allein auf den kurzfristigen Nutzen industrienaher Forschung zu setzen. Denn das führt dazu, dass der Innovationsgrad der Forschungsleistung im Laufe der Zeit immer geringer wird, da nur Lösungen für bereits bekannte und klar definierte Probleme entwickelt werden. Eine vollständige Ausrichtung der Forschungsanstrengungen auf die Bedürfnisse der Industrie, wie sie mit dem Ansatz des Science-to-Business-Marketings vertreten wird, kann daher nur dann funktionieren, wenn der Anspruch an die eigene Forschungsleistung gering ist. 136 Die Herausforderung haben Salter & Martin treffend formuliert: „The key issue is not so much whether the benefits are there but how best to organise the national research and innovation system to make the most effective use of them.“137
Es kommt also darauf an, dass gute Ideen aus der Grundlagenforschung – und davon gibt es zahlreiche – nicht nur zufällig, sondern systematisch in eine wirtschaftliche Verwertung überführt werden. Dazu muss sich der Technologietransfer ändern: Wie „Trüffelschweine“ müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem systematischen Prozess erstens aus allen Forschungsprojekten genau die herausfinden, die über ein großes wirtschaftliches Nutzenpotenzial verfügen, und zweitens unter allen potenziellen Transfer-Nehmern genau den passenden Kunden dazu identifizieren. Um diese Prozesse zusammenzuführen ist drittens eine Strategie erforderlich, die auf aktiven Verkauf und die Gestaltung langfristiger strategischer Partnerschaften zielt. Mit dem Relationship-Management legt diese Arbeit dazu ein praxisnahes und bezahlbares Konzept vor, das als Blaupause für die Implementierung in gesundheitsorientierten Helmholtz-Zentren wie z. B. dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin oder den in Gründung befindlichen Deutschen Gesundheitszentren genutzt werden kann.
Entscheidend für einen wirksameren Technologietransfer sind die ersten Schritte der Marktvorbereitung und Akquisition. Die damit verbundenen Aufgaben müssen daher von den Helmholtz-Zentren als Kernaufgaben wahrgenommen werden, die nicht delegiert werden können. Mit dem Business Development schlägt der Autor eine geeignete Struktur zur Wahrnehmung dieser Aufgaben vor, die in der Praxis der Zusammenarbeit mit weiteren Support- und Verwertungspartnern bedarf. Im Gegensatz zur Wirtschaft ist ein Business Development in der deutschen Grundlagenforschung bisher kaum etabliert, bietet aber die Chance verschiedene Funktionen zusammenzuführen. Das Konzept setzt zudem die in vielen Studien geforderte Fokussierung und Nutzenorientierung des Technologietransfers um, erleichtert den Transfer von personengebundenem Wissen und kann durch die bessere Servicequalität dazu beitragen, unzureichende Prozesskompetenz in Unternehmen zu kompensieren. Diese Arbeit zeigt weiterhin, dass sich Methoden aus der Wirtschaft sehr einfach auf Forschungsorganisationen übertragen lassen und die Besonderheiten des Wissenschaftsbereichs anscheinend überschätzt werden.
Mit dem Konzept verbunden ist auch eine andere Strategie zum Umgang mit Schutzrechten: Kostenintensive Validierungsmaßnahmen wie Patentierung und Machbarkeitsstudien werden erst dann aufgenommen, wenn die Aussichten Erfolg versprechend sind – also ein Projekt mit hohem Nutzenpotenzial und den dazu passenden Kunden identifiziert wurde. Die neuen Validierungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft und der Bundesregierung können daher das Relationship-Management-Konzept sehr gut ergänzen.
Technologietransfer ist eine strategisch wichtige Aufgabe, die substanzielle Ressourcen benötigt und von fachlich sehr gut ausgebildeten Mitarbeitern ausgeübt werden muss. Keineswegs ausreichend ist die früher häufige Praxis, diese Position mit „nicht mehr benötigten“ Mitarbeitern zu besetzen. Die Mitarbeiter müssen sich als Grenzgänger beweisen, die sich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft sicher bewegen können und die jeweiligen Handlungsprinzipien und Werte verstehen. Dazu müssen sie über kommunikative, wirtschaftliche und wissenschaftliche Kompetenzen verfügen.
Wenn das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Relationship-Management mit den entsprechenden Ressourcen und festen Ansprechpartnern ausgestattet ist, kann der Technologietransfer aus der Grundlagenforschung einen großen Qualitätssprung machen. Dazu ist es dann wichtig, dass die Unternehmen stärker mit der öffentlichen Grundlagenforschung kooperieren. Wünschenswert wären eine größere Risikobereitschaft und eine Offenheit. Zudem sind auch in der Wirtschaft mindestens im Business Development Führungspersönlichkeiten gefragt, die neben ausreichenden Sachkenntnissen über eine kommunikative Kompetenz verfügen und sich sicher zwischen öffentlicher Forschung und Wirtschaft bewegen können.
Zu diesem Zweck sollten Unternehmen „temporäre Seitenwechsel“ ermöglichen, z. B. indem F&E-Mitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum an ein Forschungsinstitut wechseln. Dies erlaubt nicht nur die Aneignung einer breiteren Wissensbasis, sondern es ergeben sich darüber hinaus weitere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit von Unternehmen und Forschungseinrichtung. Um solche Seitenwechsel zu erleichtern, könnte die öffentliche Hand ein entsprechendes Förderprogramm auflegen, das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gleichzeitig als „Rettungsschirm“ für hochqualifizierte Mitarbeiter genutzt werden kann.
Die Politik kann in hohem Maße eine Neuausrichtung des Technologietransfers auf einen Nutzen statt auf Technologien beeinflussen. Aus diesen Überlegungen ergeben sich konkrete Empfehlungen an die Forschungspolitik:
Mit dieser Arbeit wird erstmals ein detailliertes Relationship-Management-Konzept für den Technologietransfer vorgelegt. Dazu konnten eine Reihe von Instrumenten aus dem Wirtschaftsgeschehen erfolgreich für die nicht gewinnorientierte Grundlagenforschung adaptiert werden. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um eine optimale Implementierungsstrategie zu entwickeln. Zudem sollte eine empirische Studie die Wirksamkeit der hier vorgeschlagenen Maßnahmen überprüfen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Initiierungsphase von Kooperationen. Weitere Studien sind erforderlich, um die kritischen Erfolgsfaktoren für die Steuerung der Kundenzufriedenheit und einer längerfristigen Kundenbindung in der gemeinsamen Arbeitsphase zu ermitteln. Offen ist auch die Frage, in welchem Ausmaß eine angenommene wirtschaftliche Verwertbarkeit Eingang in wissenschaftliche Begutachtungen finden sollte. Zusätzliche Forschungsarbeiten sollten weiterhin dazu beitragen, die hier vorgestellten Ergebnisse für internationale Aktivitäten und andere Branchen zu validieren bzw. weiter zu entwickeln. Auch die Interaktionen zwischen KMU und Pharmaunternehmen bzw. öffentlicher Forschung und KMU sowie der Transfer von Know-how aus der Industrie in die Forschung sind relevante Forschungsfragen.
Diese Arbeit zeigt auf, wie mit einem Relationship-Management der Technologietransfer erheblich verbessert werden kann. Das vorgeschlagene Konzept ist praxisnah und bietet ein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag. Es ist jetzt Aufgabe der Forschungsmanager, ein solches Konzept zu implementieren und dadurch den Technologietransfer leistungsfähiger zu gestalten.
136 Vgl. Baaken (2009, S. 41). Das Science-to-Business Marketing wurde für die Fachhochschule Münster entwickelt.
137 Salter & Martin (2001, S. 527).
138 Vgl. Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (2009, S. 19ff.).
139 Vgl. Wissenschaftsrat (2007a, S. 32f).